Freitag, 5. Februar 2016

Das Dem erdrückt immer öfter das Des

Für Redaktionen, Firmenkorrespondenz, Werbung und Privatschreiben 




Wegen dem Bild vom braven Hund haben wir jetzt viel mehr Zuspruch in unserer Tierhandlung. Klar, da hakt es in Sachen richtiger Formulierung. Richtig wäre!: Wegen des Bildes vom ... oder einfacher "Das Bild des braven Hundes hat uns viel mehr ...".  (Foto-Montage: presseweller)


Und weiter: "Wenn man für etwas sorgt, ist es gut?" … oder?


Was ist das, ein "Fall" für Wörter? Das fragten wir uns in den ersten Schuljahren. Noch aus dieser Zeit kennen die meisten die Fälle der deutschen Rechtschreibung, 1., 2., 3. und 4. Fall, zum Beispiel „Der Hund“, „des Hundes“, „dem Hund“, „den Hund“. Den nicht selten gebrauchten lateinischen Bezeichnungen nach nennt man das Deklination sowie den 1., 2., 3. und 4. Fall in dieser Reihenfolge Nominativ, Genetiv, Dativ, Akkusativ. Alles ziemlich problemlos, bis auf den 2. Fall, bei dem hakt es immer öfter. Das "Des" scheint der Verlierer, das "Dem", der Dativ, der Gewinner zu sein.

Zweifellos lassen sich in vielen Fällen Wörter im Dativ einfacher und schneller sagen und schreiben, als im Genetiv. Beispiel: Die Kinder wollten wegen dem großen Hund nicht über die Straße gehen. Richtig aber wäre: … wollten wegen des großen Hundes … nicht …! Oder: Dank neuer App konnte sich während dem Anruf ein weiterer Geschäftspartner ins Gespräch einblenden. Richtig aber wäre: … konnte sich während des Anrufs ein …! Zum Teil wird auch einfach „vom“ oder „von“ gebraucht. „Der Hund von Leander ist ein Prachtkerl“. Richtiger oder besser. „Leanders Hund ist …!“ In Alltagsunterhaltungen und -briefen wird meist schon der 3. Fall verwendet, aber auch in manchen Medienmeldungen ist der Dativ weiter auf dem Vormarsch. Das ist eben so.
Sorgt oder verursacht?
Die Gäste des Unternehmensfachtags waren mit dem Mittagsimbiss mehr als zufrieden. Die Köche des Gastgebers hatten für leckere warme und kalte Häppchen gesorgt. Richtig, sie hatten „gesorgt“, wie die Eltern für ihr Kind sorgen. „Für etwas sorgen“ sollte im positiven Zusammenhang stehen. „Unser Außendienstmitarbeiter Herbert Kunzberg* hat mit seinen Verkaufsumsätzen wesentlich mit für das positive Firmenergebnis gesorgt. Dafür gebührt ihm Dank.“ Alternativ würde sich hier auch „hat dazu beigetragen“ anbieten. Nicht selten werden falsche Verknüpfungen genutzt. Zu lesen oder zu hören sind daher auch solche Meldungen: „Abgedeckte Dächer, umgestürzte Bäume: Dafür sorgte der Orkan Kyrill.“ Hört sich oberflächlich im Prinzip richtig an, aber bei diesem Beispiel wäre besser und im Endeffekt richtiger: … „Das richtete der Orkan Kyrill an!“ oder „…: Ursache dafür war der Orkan Kyrill“! Noch krasser ist das, wenn „dank“ verwendet wird, was aber glücklicherweise seltener im falschen Zusammenhang auftaucht: „Dank seiner nicht so guten Leistungen muss Mark Theben noch ein halbes Jahr auf seine Gehaltsaufbesserung warten.“ Am einfachsten ist hier und richtig: „Aufgrund seiner“ oder „Wegen seiner ...“!

Nur ein paar wenige Beispiele. Mir ist bekannt, dass im Alltagsgeschäft und -trubel das eine und andere untergeht, und erst später, wenn der Brief oder die Meldung „raus“ ist, der Fehler entdeckt wird. Das ist menschlich.
*Alle Namen ohne Bezug, nur beispielhaft.


Das Medienbüro + PR DialogPresseweller schreibt und veröffentlicht seit Ende der 1970er-Jahre Presseberichte und -reportagen, im PR-Bereich auch für Kunden. Es gibt der Auflage nach millionenfache Abdrucke. Inhaber Jürgen Weller ist seit Mitte der 1960er-Jahre in Sachen „deutsche Rechtschreibung“ aktiv. Einst selbst Kursteilnehmer für die Feinheiten der Rechtschreibung, vermittelte er anderen - Schülern, Auszubildenden, Angestellten -  mehr zu Schreibweisen und Grammatik und gab Kolleginnen und Kollegen in Zeitungsredaktionen so manche Tipps. Unter seinem früheren Webauftritt „gute-briefe“ war er außerdem für Privatleute und Firmen tätig, vom Bewerbungsanschreiben bis zum Kundenbrief, als „Direct Mail“ bezeichnet. Seit Jahren ist die „neue deutsche Rechtschreibung“ mit ihren nicht immer nachvollziehbaren Schreibweisen ebenfalls ein Thema. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen